
Rechtsanwältin Cornelia Ziervogel
Schüleraustausch versus Gastschulaufenthalt
Der Schüleraustausch steht hoch im Kurs. Auch Sie wollen vielleicht Ihrem Kind ein Schuljahr im Ausland ermöglichen, z.B. in den USA, Kanada oder in Frankreich. Diese spezielle Art der Reise unterliegt besonderen gesetzlichen Regelungen. Das neue Reiserecht gilt seit dem 01. Juli 2018. Grundlage und zwingendes Recht ist § 651u BGB. Er ergänzt die §§ 651 a-y BGB. Von diesen Regelungen darf nicht zum Nachteil des Gastschülers abgewichen werden.
Was bedeutet Schüleraustausch im Reiserecht?
Es handelt sich um eine besondere Art des Reisevertrages. Reiseveranstalter ist der Anbieter des Gastschulaufenthalts. Reisende im Sinne des Gesetzes sind Sie als buchende Eltern. Gastschüler ist Ihr Kind, das tatsächlich die Reise unternimmt.
Folgende Merkmale müssen erfüllt sein:
- Aufenthalt bei einer Gastfamilie im Ausland
- regelmäßiger Schulbesuch einer Normalschule
- Mindestaufenthalt von drei Monaten.
Die Regelungen können auch für einen kürzeren Aufenthalt, ein Praktikum oder eine Tätigkeit als Au-pair vertraglich vereinbart werden.
Welche Pflichten haben Veranstalter und Gastschüler beim Schüleraustausch?
Schon vor Buchung der Reise muss der Reiseveranstalter Ihnen das Formblatt 12 zu Art. 250 § 2 Abs. 2 EGBGB übermitteln. Der Reiseveranstalter ist verpflichtet, für die angemessene Unterbringung, Beaufsichtigung und Betreuung in einer Gastfamilie zu sorgen und die Voraussetzungen für einen geregelten Schulbesuch zu schaffen. Maßstab sind die durchschnittlichen Verhältnisse im Aufnahmeland. Es wird kein bestimmter finanzieller oder gesellschaftlicher Standard geschuldet.
Ihr Kind ist verpflichtet, zum Gelingen des Gastschulaufenthalts beizutragen. Es hat eine sogenannte Mitwirkungspflicht. Es muss sich den Verhältnissen im Gastland und bei seiner Gastfamilie in gewisser Weise anpassen.
Was sagen die Landgerichte zur geeigneten Gastfamilie beim Schüleraustausch?
Das LG Düsseldorf hat mit Urteil vom 05. März 2018 entschieden, dass die in den USA auf einer Militärbasis lebende Gastfamilie vertragsgerecht ist. Der Schüler soll aus pädagogischen Gründen in einer zufällig ausgewählten Familie untergebracht werden. Die Vertragskündigung des Vaters war unwirksam. Das LG Berlin sagt jedoch in seinem Urteil vom 19.04.2000, Defizite bei der Unterbringung können ein Reisemangel sein. Nach dieser Entscheidung ist ein allein lebender Mann ohne Kinder, der häufig beruflich unterwegs ist, als Gastfamilie ungeeignet. Die Eltern konnten den Vertrag kündigen.
Gibt es ein Rücktrittsrecht ?
Der Reiseveranstalter ist verpflichtet, den Aufenthalt angemessen vorzubereiten und Sie spätestens zwei Wochen vor Reiseantritt über den Namen und die Anschrift der Gastfamilie zu informieren. Außerdem müssen Sie den Namen und die Erreichbarkeit eines Ansprechpartners im Aufnahmeland kennen. Werden Ihnen diese Informationen nicht erteilt, haben Sie vor Reisebeginn die Möglichkeit, kostenfrei vom Vertrag zurückzutreten.
Die Kündigung des Vertrages beim Schüleraustausch
Bis zur Beendigung der Reise können Sie den Vertrag ohne Begründung kündigen. Selbst wenn Ihr Kind einfach nur nach Hause möchte, können Sie den Vertrag auflösen („Heimweh-Kündigung“). Wenn die Rückbeförderung Bestandteil des Vertrages ist, muss der Reiseveranstalter Ihr Kind auch vorzeitig wieder nach Hause bringen. Die Mehrkosten müssen Sie tragen. Und die Kündigung hat weitere Folgen für Sie, das Geld ist verloren. Denn der Reiseveranstalter ist berechtigt, den Reisepreis abzüglich seiner ersparten Aufwendungen (z.B. einen Teil des Schulgeldes) zu behalten. Die Aufwendungen sind minimal. Während des gesamten Aufenthalts müssen Sie als Eltern über etwaige Veränderungen unterrichtet werden. Wenn Ihr Kind z.B. die Gastfamilie wechseln möchte oder wenn es Schwierigkeiten in der Schule gibt.
Beim Auftreten von Reisemängeln müssen Sie Abhilfe fordern. Wenn Abhilfe nicht erfolgt, können Sie eine Reisepreisminderung geltend machen. Wenn erhebliche Reisemängel vorliegen, die Sie nachweisen müssen, haben Sie das spezielle Kündigungsrecht gem. § 651 l BGB.
Wie setze ich meine Ansprüche gegen den Veranstalter durch?
Ihre Ansprüche aus dem Reisevertrag verjähren in zwei Jahren. Die Verjährungsfrist beginnt mit dem Tag, an dem die Reise dem Vertrag nach enden sollte. Wenn Sie sich mit dem Reiseveranstalter nicht einigen können, haben Sie die Möglichkeit, ihn zu verklagen. Ein Gerichtsverfahren ist mit hohen Kosten verbunden. Sie sollten prüfen, ob Sie über eine Rechtsschutzversicherung verfügen.
Sie können meine Rechtsberatung als Rechtsanwältin im Reiserecht und somit bei Rechtsfragen zum Schüleraaustausch in Anpruch nehmen. Oft ist es auch gut, vor Abschluss des Gastschulvertrages rechtlichen Rat einzuholen. Ich stehe Ihnen gerne zur Verfügung.